Quelle: Google

Als ich vor vielen Jahren in die USA eingewandert bin und lernte in Amerika zu leben, haben wir im Fernsehen die ‚Antique Roadshow‘ angeschaut. In dieser Live-Serie haben Experten angeboten, den Wert von Familienerbstücken oder staubigen, vergessenen Kuriositäten, die auf Dachböden und in Kellern entdeckt worden waren, einzuschätzen.

Während die Kamera langsam über solch ein Objekt, seinen erwartungsvollen Besitzer oder einen nachdenklichen Experten schwenkte, schwoll die Musik und die Spannung an, bis der Wert klar war … überraschtes Entzücken oder ernüchternde Enttäuschung.

Dr. Amy Williams, Selfie

Dr. Amy Williams hat gerade das fertige Manuskript an ihren Verlag, Cadmen House, gemailt. Ihr Buch mit dem Titel ‚Transnational Memories of the Kindertransport’ (Länderübergreifende Erinnerungen an den Kindertransport) beruht auf den Studien zu ihrer Doktorarbeit.

Auch mir hat sie eine Kopie davon geschickt! Als ich anfing zu lesen, tauchte plötzlich die ‚Roadshow‘ auf dem Bildschirm meiner Gedanken wie eine Nachricht auf dem iPhone auf. Die Sendung ist ein Bild für die Bewertung der Schätze, die in meiner Erinnerung eingelagert sind.

Amy hat sich in ihren Forschungen intensiv mit dem Holocaust, insbesondere dem Kindertransport, beschäftigt. Ermutigt von ihrem Professor, Bill Niven, hat sie den Kindertransport aus allen Blickwinkeln bewertet, und jetzt soll ihre Expertise und kenntnisreiche Analyse veröffentlicht werden.

Vorderseite meiner original Kindertransport Plakette

Rückseite meiner original Kindertransport Plakette 

Amy und ich haben eine enge virtuelle Freundschaft miteinander geschlossen und hoffen, uns sehr bald in Deutschland zu treffen.

Und sie hat mich eingeladen, ein Vorwort für ihr Buch zu schreiben!

Mit Besonnenheit und Ehrfurcht vor dem Geschenk des Lebens nehme ich meinen Platz als Kind des Kindertransports ein, voller Kummer über die Verluste, erstaunt über mein Überleben und voller Zuversicht, was meinen Beitrag zur Diskussion betrifft. Gleichzeitig sind mir allerdings die Einschränkungen bei meinen Erfahrungen und Einsichten sowie die Zerbrechlichkeit meiner Hoffnungen bewusst. Ich bin ermutigt und auch etwas überrascht, wie das Interesse am Kindertransport in den letzten Jahren gewachsen ist, obwohl die Zahl der Überlebenden beständig abnimmt. Dankbar bin ich für Gedenkfeiern an besonderen historischen Daten, die mit dem Kindertransport verbunden sind, und ich hoffe, die jährlichen Gedenken werden fortgesetzt. Ich erlebe, dass meine Resonanz auf diese Feiern mit meiner zunehmenden inneren Heilung gewachsen ist. Die erste solche Gedenkfeier, an die ich mich erinnere, war das Treffen zum siebzigsten Jahrestag der Kindertransporte. Das war nur der Anfang und meine Bereitschaft, die aufkommenden Gefühle zuzulassen, war noch beschränkt. Inzwischen habe ich eine Leidenschaft für Gedenkfeiern zur Shoah als Warnung vor dem Auftauchen von Gewaltherrschaft in der heutigen Welt. Das Gedenken an den Kindertransport halte ich gleichzeitig für eine Warnung und eine Chance zur Erneuerung. Selbst wenn ich nur bis in meine Kindheit als siebenjährige deutsche Jüdin zurückblicke, kann ich eine furchterregende Verbindung erkennen zwischen den Ideen, die in den 1930er Jahren die Gedanken der Menschen gepackt hatten und der Gegenwart. Meine Teilnahme an der Gedenkfeier zur Kristallnacht in meinem ersten Heimatort Gemünd gab mir die Möglichkeit, die wichtigsten Beziehungen aus meiner Kindheit als echt zu erleben: Dort sprach ich nämlich die Namen meiner Eltern in der Straße vor unserem ehemaligen Zuhause aus und nannte etwas weiter in derselben Straße den Namen meines besten Freundes, Kurt Meier, der in Auschwitz verschwand. Genauso ging es mir beim Verlegen der Stolpersteine für meine 3 Tanten in Koblenz. Ja, vielleicht war das sogar noch intensiver, weil meine Erinnerungen an sie viel vager sind. Während ich innerlich reagiere, wird mir klar, von welch großem Wert diese sehr persönlichen Gedenkfeiern in Deutschland mit Deutschen für mich sind. Dann erst erinnere ich mich an die Reise mit 9 Anderen nach Polen. Gemeinsam sind wir den Spuren meiner Eltern bis zu deren Lebensende gefolgt; und mir fällt auch die zweite Reise nach Chelmno zusammen mit einer Gruppe von trauernden Deutschen ein. Eine Woche des ehrenden Gedenkens in Dolny Kubin (Slowakei) kommt mir in den Sinn mit vielen Schulklassen und Verantwortlichen der Stadt, vollkommen unvergesslich für mich, auch wenn es dort keine Verbindung zu meiner persönlichen Geschichte gab. Wie kam es dazu? Ich denke, das lag an Pavol, dem Organisator der Gedenkwoche. Er war überzeugt davon, dass seine Heimatstadt immer noch an den Folgen der Grausamkeiten gegenüber den früheren jüdischen Mitbürgern litt. Als Mann des Gebets führte er die Menschen im Ort in eine tiefe, persönliche und authentische Beschäftigung mit der Vergangenheit. Für mich ist es wichtig, die realen Orte zu besuchen, die mit den Ereignissen in der Lebensgeschichte der ‚Kinder‘ [aus dem Kindertransport] verbunden sind, und dass Zeremonien geschaffen werden zum ehrenden Gedenken.

Hanna Zack Miley, Überlebende des Kindertransports

Ein fragiles, beständiges Kleinod.