Ich erinnere mich, vor ungefähr 20 Jahren über enge, leicht hügelige Straßen durch eine mit frischem Grün bedeckte Landschaft gefahren zu sein.
Am frühen Nachmittag waren wir in der Eifel unterwegs auf dem Weg zum Wasserkraftwerk Heimbach, einem 1905 errichteten Jugendstilgebäude. Eine touristische Attraktion, die auch heute noch zur Stromerzeugung in Betrieb ist.
Kraftwerk , Heimbach | Foto von Frank Vincentz | Quelle: Wikipedia
H. war am Steuer, George auf dem Beifahrersitz, und ich saß zusammen mit E. , seiner Frau, auf der Rückbank. Sie wohnten in Heimbach und wollten uns mitnehmen, um uns das berühmte Kraftwerk zu zeigen, gefolgt von einem Mittagessen bei ihnen zu Hause. Sie waren aufrechte Bürger und sehr gastfreundlich.
Zum ersten Mal waren wir vier für längere Zeit zusammen.
Wir begannen eine Unterhaltung auf dem Rücksitz.
Aus heiterem Himmel fing E. plötzlich an, in Erinnerungen zu schwelgen.
Sie erzählte von der Not ihrer Familie in den 1930er Jahren.
Wie ihr Großvater eine Milchkuh von einem jüdischen Viehhändler gepachtet hat und dass dieser jüdische Viehhändler die Kuh weggenommen hat, als ihr Großvater die monatliche Pacht nicht mehr bezahlen konnte.
Wie sollte mein Großvater seine kleinen Kinder ernähren?
Die mit tiefen Emotionen gestellte Frage hing in der Luft.
Da saßen wir nun dicht beieinander, während die Szenen meiner Kindheit an mir vorbei rasten.
Eifel-Kühe
Hat mein Vater diesen Viehhändler gekannt?
Die jüdische Gemeinschaft in der Eifel damals war klein.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
In der Stille wurde mir plötzlich die dunkle, unterschwellige, unbewältigte Verbitterung bewusst, die unter der zivilisierten Oberfläche versteckt war.
Autofahrten können zu enthüllenden Unterhaltungen führen.
Um die gleiche Zeit waren George und ich mit Frau Dr. G. im Auto unterwegs nach Belgien zum Mittagessen. Die belgische Grenze war ganz in der Nähe und sie wollte uns in ihr Lieblingsrestaurant mitnehmen.
Wir fühlten die Wärme der deutschen Gastfreundlichkeit.
Dieses Mal saß ich neben Frau G. und George war auf dem Rücksitz.
Sie war immer noch aufgewühlt von einem Erlebnis vor kurzem und begann von den Details zu erzählen.
Ein Jugendlicher aus dem Ort hatte Graffiti auf die rückwärtige Mauer ihres Grundstücks direkt am Fluss gesprüht und sie hatte ihn dabei ertappt. Nach einer langen Pause fügte sie hinzu,
Hitler hat uns zumindest Gesetz und Recht gegeben …
Irgendwie schmeckte die belgische Küche nach Sägemehl.
Verstörende Erinnerungen liegen auch unbewältigt jenseits der deutschen Grenzen.
2012 sind George und ich auf dem Flughafen in Bratislava gelandet.
Dort hat uns P. getroffen und wir begannen die lange Autofahrt zu seiner kleinen Heimatstadt. Er hatte uns zu einer Gedenkwoche für ehemalige jüdische Bürger eingeladen, die aus dieser Stadt vertrieben und ermordet worden waren.
Er hatte die Vorführung eines Films über Nicholas Wintons Kindertransport Rettungsaktion im örtlichen Kino organisiert. Kinder sollten, Schule für Schule, kommen, um ihn anzuschauen und mir anschließend Fragen zu stellen.
Slowakei
Filmplakat
Das Kino befand sich in der Mitte des Ortes und war ehemals eine Synagoge.
Wir bemerkten die großen, architektonisch interessanten Häuser entlang der Hauptstraße, die zum Kino führte.
Wir waren erstaunt über das Interesse der Kinder und die fürsorgliche Art, mit der wir als Gäste empfangen wurden.
Wir nahmen an einer überfüllten Zeremonie teil, während der ein örtlicher Politiker, ein Mitglied des Europäischen Parlaments, einen Gedenkstein enthüllt hat für die ehemaligen jüdischen Bürger der Stadt, die durch die Hand der örtlichen Mitbürger einen grausamen Tod erlitten hatten.
Als wir müde nach einer unvergesslichen Woche auf dem Weg zurück zum Flughafen waren, redeten wir, verbunden durch die gemeinsamen Erfahrungen, ganz offen.
Und dann der Schock, im Jahr 2012 zu verstehen, dass in diesen bedeutenden Häusern im Zentrum der kleinen Stadt in der Nähe der Synagoge reiche Juden gewohnt hatten. Juden, die von den armen Einheimischen profitiert hatten. In der Luft hing die Wahrnehmung jüdischer Schuld und entsetzlicher Rache.
Unterirdische Tiefen, an die Oberfläche gebracht in einem abgeschotteten Metallgehäuse auf 4 Rädern, das die Autobahn entlang eilt.
Drei Autogeschichten aus der Vergangenheit, aus Europa, aber was ist mit heute, und wie ist das hier in den USA?