Ich erinnere mich daran, wie ich auf einem niedrigen Hocker meinem englischen ‚Tantchen‘ in ihrem Sessel gegenüber gesessen und die Arme weit geöffnet hatte, während sie einen alten Pulli aufribbelte, und der Faden den Wollstrang um meine  ausgestreckten Hände fütterte; und wie sie anschließend den zurückgewonnenen Faden mit rhythmischen Bewegungen zu einem Ball aufgewickelt hat, der bereit war zu einem neuen Kleidungsstück verstrickt zu werden. 

Augenblicke der Nähe.

Es war Kriegszeit, Kleidung war rationiert und wir mussten zurecht kommen.

Letzten Monat sind Global Story Films, Dave und Kathi Peters, zusammen mit Micah und Janie Dailey in meine englische Vergangenheit zurück geflogen.

Sie starteten am Anfang, dem Londoner Bahnhof Liverpool Street, wo ich verwirrt aus einem Zug voller Kinder herausgeklettert war.

Ich hatte mich in Köln von meinen Eltern verabschiedet, von allem, was sicher und vertraut gewesen war, und plötzlich waren wir allein, Kinder in einem seltsamen, fremden Land.

Kindertransport Denkmal, Bahnhof Liverpool Street, London

Während das Filmteam Vergangenheit und Gegenwart zusammen bringt, sendet es Fotos und kurze Videos vom Handy aus. Ich schaue und höre zu und denke über das Wunder nach, die Vergangenheit durch die Augen und Ohren Anderer freizusetzen.

Ich bin dort mit ihnen und stehe vor der Eingangstür des Hauses Coventry Road 167 in Exhall und schaue hinab auf die Fliesen, die es heute, 85 Jahre später, dort immer noch gibt; dabei habe ich wieder das Gefühl des Aufribbelns.

Coventry Road 167

Vor der Haustür

Imogen kommt zum Interview in einem Gebäude, das einst die Grundschule von Exhall gewesen ist, und ich mache eine Zeitreise zurück ins Jahr 1939, zu einem Dezembertag, als unsere Klasse in einer langen Reihe stehend Weihnachtslieder gesungen hat.

Die vertrauten Worte flossen von den Lippen aller Kinder, aber dieses 7-jährige deutsch-jüdische Mädchen öffnete und schloss ihre Lippen bei dem Versuch, ihr Unwissen zu verstecken.

Imogen

Bill steht in einem Gedenk-Garten und spricht über Versöhnung.

Und ich erinnere mich an die Versöhnungsskulptur in der ausgebombten Hülle der Coventry Kathedrale. Wir waren evakuiert worden und ich erinnere mich an die Fahrt am Schutt vorbei am Morgen danach.

Bill im National Memorial Arboretum, Staffordshire

Versöhnungsskulptur, Kathedrale von Coventry

Auf dem Kurs nach Norden zu einem Kunst-Studio wird das Team von Laura, einer Textilkünstlerin, begrüßt, die Szenen aus meiner Vergangenheit für die Illustration des Films nachbildet. Ihre Großmutter aus Berlin war eine Überlebende durch den Kindertransport.

Wir haben eine dreifache Verbindung, ‚wie eine starke Schnur‘ …

eine gemeinsame jüdische Identität, den Kindertransport und 

unsere Leidenschaft, den Sinn des Lebens zu suchen.

Laura

Und schließlich gibt es noch Amy, die in den Stoff des neuen Kleidungsstücks verwoben ist,

Amy hat mich tiefer in meine Geschichte mitgenommen und uns alle zusammen gebracht.

Ihr Interview hat im Holocaust Museum von Huddersfield stattgefunden.

Nach den Filmaufnahmen hat sie ihre Gedanken auf Instagram gepostet …

passend, weil wir uns alle über Instagram, unserer Strickmaschine, kennengelernt haben.

8814 … Vorgeladen zu einer Reise … Hanna benutzt diese Zeile in ihrem Buch, wenn sie über die Deportation ihrer Eltern spricht. Diese Zeile hat mich getroffen, weil  sie so gruselig zu lesen war zwischen den Seiten, wo Hanna darüber spricht, wie liebevoll ihre Eltern sie mit dem Kindertransport fortgeschickt haben. Ihre Eltern hatten die Voraussicht dies zu tun … haben sie eine Aufforderung dazu gespürt? Bei den Aufnahmen für den Dokumentarfilm spüren wir sicherlich eine Verbindung. Wir sind von etwas Höherem zusammengebracht worden. ‚Vorgeladen‘ hat in diesem Zusammenhang solch eine positive Bedeutung, aber wir ringen mit dieser Verwunderung über Verbundenheit und der Zerstörung, die Hannas Familie zugefügt wurde. Um Hanna zu zitieren ist es, als ob wir ‚in einem altmodischen Kinofilm, der von einer Szene zur anderen springt und zuckt‘ wären. Die letzten Abschnitte in Hannas Buch heißen ‚Wir vertrauen darauf, dass die Flamme weiterbrennt‘ und ‚Das Öffnen des Geschenks‘. Wir grätschen ständig zwischen Licht und Dunkelheit, aber wir finden Trost darin, uns gemeinschaftlich an die Geschichte zu erinnern.

Amy